Lichtgedanken 03

Rubrik 19 03 | LICHT GEDANKEN hältnisse im »Ökosystem Mensch« sind. Sie erhalten einen Wachstumsvorteil und drängen andere Organismen ins Abseits. Hefen stacheln Bakterien an, mehr Zellgift zu produzieren So wie Candida albicans gehören auch verschiedene Darmbakterien zu den »fakultativ pathogenen« Arten, die le- bensbedrohliche Infektionen bis hin zur Sepsis auslösen können. Im aktuellen Forschungsprojekt »CanBac« des Cen- ter for Sepsis Control and Care (CSCC) untersuchen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus Jacobsens Ar- beitsgruppe gemeinsam mit Kollegen aus HKI und Universität das Wechsel- spiel dieser Organismen untereinander und mit ihrem Wirt – dem Menschen. »Wir kultivieren Zellen der mensch- lichen Darmschleimhaut, sogenannte Enterozyten, und infizieren diese mit Kombinationen der zu untersuchenden Mikroorganismen«, erläutert Dr. Maria Joanna Niemiec den Versuchsansatz. »Uns interessiert dabei, wie sich Pilz und Bakterien in ihrer Pathogenität beeinflussen«. Dr. Niemiec ist Postdok- torandin und leitet das CanBac-Projekt- team in Jacobsens Gruppe. Unter anderem studieren die Forscher das Wechselspiel von Candida albicans und dem Darmbakterium Proteus mi- rabilis . In den Zellkulturen zeigt sich, dass beide Mikroorganismen für sich die Darmzellen in begrenztem Umfang schädigen bzw. zu deren Tod führen können. Werden die Darmzellen jedoch mit beiden Erregern zugleich infiziert, erhalten die Forscher ein dramatisch an- deres Bild: »Für nahezu alle Zellen be- deutet dies das Ende«, fasst Dr. Niemiec zusammen. »Wir finden in diesem Fall eine synergistische – sich wechselseitig verstärkende – Wirkung beider Erre- ger.« Worauf diese verheerende Wirkung be- ruht, zeigen erste – noch unveröffent- lichte – Daten des Jenaer Forscherteams. So weist sehr viel darauf hin, dass die Darmbakterien Proteus mirabilis in Ge- genwart von Candida albicans vermehrt ein Toxin produzieren. Dieses Hämoly- sin ist ein Protein, das Zellmembranen des Wirtsorganismus »lysiert« – also auflöst. Dadurch sterben die Zellen ab. »Der Pilz macht das Bakterium prak- tisch giftiger«, veranschaulicht Prof. Jacobsen. Umgekehrt jedoch verändert sich die »Angriffslust« des ebenfalls pa- thogenen Pilzes durch das Bakterium nicht. Zwar kann auch Candida albicans ein tödliches Zellgift produzieren – das Candidalysin. Dessen Produktion wird durch eine Koinfektion mit Proteus mi- rabilis jedoch sehr wahrscheinlich nicht zusätzlich angekurbelt. In aktuellen Untersuchungen wollen die Forscherinnen und Forscher nun herausfinden, auf welchen chemischen »Kommunikationswegen« die Verstän- digung zwischen den Mikroben er- folgt. Bereits jetzt ist klar: Auch andere Hefepilze, beispielsweise die gewöhn- liche Bäckerhefe Saccharomyces cerevi- siae , stacheln Proteus mirabilis dazu an, vermehrt Hämolysin zu produzieren. »Außerdem interessiert uns, ob sich die Effekte aus den Zellkulturen auch in vivo reproduzieren lassen«, kündigt Dr. Niemiec an. Geplant sind dazu Studien an Fadenwürmern und Mäusen. Prophylaxe gegen Pilze nur gezielt einsetzen Doch schon jetzt lassen sich aus den vorliegenden Ergebnissen Aspekte für die Behandlung von Intensivpatienten ableiten, macht Prof. Jacobsen deutlich. Bei diesen schwerkranken Patienten gehe es stets um eine jeweils ganz indi- viduelle Risikoabschätzung, wie wahr- scheinlich die Ausbildung einer Sepsis sei. »Wenn beispielsweise festgestellt wird, dass nach einer Antibiotikathe­ rapie des Patienten Candida albicans an- dere Mikroorganismen zurückdrängt und gleichzeitig auch die Keimzahl von Proteus mirabilis oder einem vergleich- baren Erreger deutlich ansteigt, dann besteht ein konkretes, ernstzunehmen- des Risiko für den Patienten.« In diesen Fällen sei eine prophylaktische Thera- pie, die den Pilz bekämpft, ratsam. Einen generellen prophylaktischen Einsatz von Wirkstoffen gegen Pilzin- fektionen sieht Prof. Jacobsen dagegen kritisch. »Es gibt insgesamt nur weni- ge Antimykotika und bei einem groß- zügigen Einsatz besteht – genau wie bei Antibiotika auch – die Gefahr der Resistenzbildung.« Daher sollten diese Wirkstoffe nur ganz gezielt eingesetzt werden. Dr. Maria Joanna Niemiec (l.) und Masterstudentin Isabel Auge plattieren Mäusekotproben auf Nährböden aus, um die Mikroorganismen darin zu bestimmen. Sie wollen herausfinden, wie Hefepilze und Darmbakterien miteinander kommunizieren.

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