Lichtgedanken 03

S C HW E R P U N K T 23 03 | LICHT GEDANKEN und geben den Teilnehmern Rückmel- dungen. Sie haben die internetbasierte Schreibtherapie schon zur Behandlung traumatisierender Erfahrungen von Flüchtlingen, Soldaten oder Menschen, die im Zweiten Weltkrieg traumatisiert wurden, angewandt und bringen die entsprechende Expertise mit. Worüber schreiben die Teilnehmer in den Texten? Gawlytta: Die ersten drei Texte befassen sich mit dem Leben vor der Intensiv- station. Die Teilnehmer schreiben über ihre Kindheit, ihre Jugend und das Er- wachsenenalter. In den nächsten vier Texten sollen sie die Behandlung auf der Intensivstation verarbeiten, konkret und detailliert von ihren Erinnerungen und ihren Ängsten schreiben. Die letz- ten drei Texte sollen die Geschehnisse aus einer anderen Sicht beleuchten, was würden sie zum Beispiel Freunden in der Situation raten. Sie sollen sich nicht mehr als Opfer fühlen, denn sie haben die Erkrankung überwunden, sind nicht mehr hilflos an Maschinen und Schläu- che gefesselt und können sich damit auseinandersetzen, was sie sich von der Zukunft erwarten. Rosendahl: Außerdem schreiben die Partner den Betroffenen einen Brief, in dem sie tröstende und verständnisvol- le Worte für die erlebten und aktuellen Belastungen finden, aber beispielsweise auch ihren Glauben an dessen Fähigkei- ten und Kompetenzen zum Ausdruck bringen können. Das ist völlig privat und wird auch von den Therapeutinnen nicht gelesen. Machen beide Partner die Therapie, schreiben sie beide einen Brief an den anderen. Haben Sie schon Rückmeldungen von den Teilnehmern erhalten? Gawlytta: Mit den Teilnehmern, die die Behandlung beendet haben, habe ich im Anschluss telefoniert. Obwohl manche zu Beginn skeptisch waren, sind die Rückmeldungen durchweg positiv und sie sind sehr froh, mitgemacht zu haben. Sie haben nicht mehr so viele Alpträu- me und Flashbacks. Und selbst wenn diese auftreten, können die Teilnehmer jetzt besser damit umgehen. In einem diagnostischen Telefoninter- view finden Sie vorher heraus, wer ge- eignet ist für eine Teilnahme. Wer darf bei »zwei leben« nicht mitmachen? Rosendahl: Leider alle, die keinen Part- ner haben, weil unsere Studie auf Paare ausgerichtet ist. Gawlytta: Wer sich bereits in einer an- deren therapeutischen Behandlung befindet, kann nicht teilnehmen, weil wir sonst nicht messen können, wie erfolgreich unser Angebot ist. Eben- Die Psychologinnen PD Dr. Jenny Rosendahl (r.) und Romina Gawlytta vom Institut für Psychosoziale Medi- zin und Psychotherapie des Universitätsklinikums. falls darf nicht teilnehmen, wer medi- kamenten- oder alkoholabhängig oder suizidgefährdet ist. Wir unterstützen dann natürlich dabei, eine geeignete Therapie zu finden. Eine Sepsis muss dagegen nicht notwendigerweise vor- gelegen haben. Entscheidend für uns ist die Traumasituation, daher kann auch teilnehmen, wer aufgrund einer ande- ren Erkrankung intensivmedizinisch behandelt wurde. Wie geht es jetzt weiter? Rosendahl: Bis Sommer 2018 rekrutieren wir noch Teilnehmer. 70 Paare streben wir insgesamt an, momentan haben 14 Paare die Behandlung begonnen bzw. bereits abgeschlossen. Daher freuen wir uns über jeden weiteren Interessenten. Anfang 2019 soll die Studie abgeschlos- sen sein. Wir wünschen uns natürlich, dass das Projekt fortgesetzt wird, wenn wir die Wirksamkeit nachweisen kön- nen. Wir sind absolut davon überzeugt, dass die Therapie Betroffenen hilft. Wie könnte sich »zwei leben« langfris- tig entwickeln? Rosendahl: Unsere Behandlung auch für Einzelpersonen anzubieten, wäre eine Idee. Dann könnten zumBeispiel Allein- stehende teilnehmen oder Menschen, deren Partner an der Sepsis gestorben ist. Auch das Projekt zu internationali- sieren, kann ich mir gut vorstellen.

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