Lichtgedanken 04

S C HW E R P U N K T 29 04 | LICHT GEDANKEN Biophysiker Prof. Dr. Christian Eggeling hat sich der hochauflösenden Fluoreszenzmikroskopie verschrieben. Damit schaut er Proteinen und anderen Molekülen live bei ihren Interaktionen zu. Diesem Verfahren verdankt er schon so manch faszinierenden Einblick in lebende Zellen – und eine Einladung zur Nobelpreisverleihung 2014 nach Stockholm. »Wir wollen uns ein Bild machen.« INTERVIEW: UTE SCHÖNFELDER Herr Eggeling, warum ist die Mikro- skopie für die Wissenschaft so wich- tig? Wir Menschen sind visuelle Wesen. Wir wollen etwas sehen, wollen uns sprichwörtlich ein Bild von einer Sa- che machen. Erst dann wird sie für uns glaubhaft. Und das gilt natürlich insbe- sondere für die Forschung. Man kann mit den präzisesten Messmethoden noch so detaillierte Daten erheben und daraus Wissen generieren – erst wenn wir eine bildliche Darstellung vor Au- gen haben, können wir andere wirklich von etwas überzeugen. Was können Forscher mit heutigen Fluoreszenzmikroskopen entdecken? Zum Beispiel Proteine und andere Mo- leküle in lebenden Zellen. Bis vor weni- gen Jahren war es nicht möglich, prak- tisch zuschauen zu können, wie diese miteinander interagieren. Heute kön- nen wir live dabei sein, wenn mensch- liche Immunzellen Krebszellen erken- nen und attackieren. Vor allem können wir die dabei ablaufenden molekularen Abwehrmechanismen direkt beobach- ten, indem wir die beteiligten Proteine und ihre Strukturen abbilden und sehen können. Wodurch sind diese Fortschritte mög- lich geworden? In den zurückliegenden Jahren sind die Optiken der Fluoreszenzmikroskope immer besser geworden, ebenso die Laser und die gesamte Technik. Den entscheidenden Sprung hin zur super- auflösenden Mikroskopie hat uns aber nicht nur die Physik, sondern auch die Chemie beschert: dank neuer Fluores­ zenzfarbstoffe. Angestoßen hat die- se Fortschritte Stefan Hell mit seinen Überlegungen, dass die einst von Ernst Abbe postulierte Auflösungsgrenze ei- nes Lichtmikroskops durch die Verwen- dung geeigneter Fluoreszenzmarker durchbrochen werden kann. Das hat sich inzwischen standardmäßig experi- mentell durchgesetzt. Was besagte die Auflösungsgrenze? Abbe hatte Ende des 19. Jahrhunderts festgehalten, dass sich zwei Punkte mit einem konventionellen Lichtmikroskop räumlich nicht mehr auflösen lassen, die weniger als 200 Nanometer vonein- ander getrennt sind. Dies ist durch die Welleneigenschaft und die Fokussie- rung des für die Beobachtung eingesetz- ten Lichts und dessen daraus resultie- rende Beugung bedingt. Moleküle und Zellbestandteile, die kleiner sind, lassen sich mit einem normalen optischen Mi- kroskop also nicht abbilden. Mit der hochauflösenden Fluoreszenz- mikroskopie aber schon? Ja, die Proteinstrukturen, die uns inter- essieren, sind deutlich kleiner als 100 Nanometer. Um diese sichtbar zu ma- chen, arbeiten wir mit der Möglichkeit, die zur Molekülmarkierung eingesetz- ten Fluoreszenzfarbstoffe mittels Laser- strahlung an- und abzuschalten. Damit wird das effektive fluoreszierende Be- obachtungsfeld auf Größenordnungen kleiner als 200 Nanometer reduziert und somit die Auflösung entsprechend verbessert. Das war wirklich ein Durch- bruch, für den Hell 2014 den Nobelpreis im Fach Chemie bekam. Und an dem Sie auch Anteil hatten! Ja, durchaus ( lacht ). Ich habe von 2003 bis 2012 in der Arbeitsgruppe von Hell in Göttingen gearbeitet und mit ihm und anderen Forschern die Methodik weiterentwickelt und in die Anwen- dung gebracht. Als er die Nachricht vomNobelpreis erhielt, hat er mich nach Stockholm zur Preisverleihung eingela- den. Und als er die Medaille dann vom Prof. Dr. Christian Eggeling möchte die sogenann- te STED-Mikroskopie (engl: Stimulated Emission Depletion) für neue Anwendungen nutzbar machen, beispielsweise für die direkte Diagnostik von Krank- heiten an Patienten. Während seiner Zeit im Labor des späteren Nobelpreisträgers Stefan Hell in Göttingen hat er das hochauflösende Verfahren mitentwickelt. Eine mittels STED-Mikroskopie gemachte Aufnahme hat Eggeling zur Fotogalerie auf den folgenden Seiten beigesteuert (Nr. 10 auf S. 31). schwedischen König überreicht bekam, da war ich selbst schon auch ein biss­ chen stolz! Das war ein sehr berühren- des Erlebnis.

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