Lichtgedanken 04

S C HW E R P U N K T 42 Irgendwann wird es vollkommen dunkel sein Mit dem Urknall vor etwa 13,8 Milliarden Jahren ist neben Raum, Zeit und Materie die elektromagnetische Strahlung entstanden und damit auch das für uns sichtbare Licht. Sehen konnte man die ersten 300 000 Jahre davon aber nichts. Warum das Universum anfangs undurchsichtig war, was mit Licht passiert, das von einem Schwarzen Loch verschluckt wird, und wann im Universum das Licht wieder ausgeht, das erklären die Physiker Holger Gies und Martin Ammon im Interview. War es vor dem Urknall dunkel? Ammon: Niemand weiß, was vor dem Urknall war und ob es überhaupt ein »davor« gab. Laut heutigen Modell- vorstellungen der Kosmologie sind mit dem Urknall das Universum, die Na- turgesetze und auch die Zeit überhaupt erst entstanden. Vor dem Urknall exis- tierten weder Zeit noch Raum. Nach dem Urknall dehnte sich das Univer- sum nach den Gesetzen der Einstein- schen Allgemeinen Relativitätstheorie bis zur heutigen Größe aus. Gies: Allerdings gehen wir heute davon aus, dass sich nicht allein mit Einsteins Theorie der Prozess des Urknalls be- schreiben lässt. Diese stellt den Beginn des Universums als sogenannte Sin- gularität dar: Masse und Raumzeit wa- ren in einem unendlich kleinen Punkt konzentriert, Dichte von Teilchen und Strahlung dadurch unendlich groß. Um diese Konstellation zu beschreiben, müssen quantenphysikalische Effekte herangezogen werden. Aktuell bemü- hen wir uns, und Physiker weltweit, die Relativitätstheorie Einsteins mit der Quantentheorie zu vereinen. Eine solche einheitliche Theorie, die Quan- tengravitation, gäbe uns vielleicht die Möglichkeit, die Frage nach dem »da- vor« sinnvoll zu stellen und Antworten zu suchen. Also anders gefragt: Hat der Urknall das Licht im heutigen Universum ent- zündet? Ammon: Ja, schon einen Wimpernschlag nach demUrknall sind die uns heute be- kannten Naturkräfte, unter anderem die elektromagnetische Kraft, und damit auch das Licht entstanden. Jedoch war das Universum noch eine ganze Weile undurchsichtig. Bis etwa 300000 Jahre nach dem Urknall gab es zwar Lichtteil- chen, aber dieses Licht konnte sich nicht frei ausbreiten. Warum nicht? Gies: Man kann es sich wie Milchglas vorstellen, durch das man nicht hin- durchsehen kann. Die Materie lag in dieser Frühphase als sehr heißes Plasma vor, in demdieAtomkerne und die Elek- tronen voneinander getrennt waren. Erst zu einem späteren Zeitpunkt, nach etwa 300000 Jahren, haben sich aus den Atomkernen und den freien Elektronen die Atome gebildet, und Lichtteilchen wurden nicht mehr verschluckt. Erst dann war das Universum durchsichtig. Ammon: Und das gilt nicht nur für den Bereich des sichtbaren Lichts, sondern für alle elektromagnetischen Wellen. Das älteste Signal elektromagnetischer Strahlung, das wir empfangen können – gewissermaßen das älteste Licht der Welt – ist Mikrowellenstrahlung des kosmischen Hintergrunds. Die stammt genau aus dieser Zeit als das junge Uni- versum rund 300 000 Jahre alt war. In Ihrer Forschung befassen Sie sich unter anderem mit Himmelskörpern, die man als natürliche Feinde des Lichts bezeichnen könnte: den Schwar- INTERVIEW: UTE SCHÖNFELDER

RkJQdWJsaXNoZXIy OTI3Njg=