Lichtgedanken 06

S C HW E R P U N K T 23 06 | LICHT GEDANKEN Mittwochmorgen, es ist ein frischer Frühlingstag Anfang Mai. Vor einem ehemaligen Hafengebäude im Südosten der dänischen Hauptstadt Kopenhagen beladen zwei junge Männer ihren Klein- transporter mit gut einem Dutzend Kisten – darin schimmert es weiß, blau und rosa. Auf den ersten Blick könn- te man den Inhalt für Fisch halten, der Fischereihafen ist nur einen Steinwurf entfernt. Beim genaueren Hinsehen er- kennt man in den Kisten jedoch Qual- len: Mehr als 200 täuschend echt ausse- hende Kunststoffmodelle, alles filigrane Einzelstücke. Behutsam stapeln die bei- den Männer die Kisten auf die Ladeflä- che. Vor ihnen liegen heute rund 700 Kilometer Autobahn und zwei Stunden Überfahrt auf der Fähre. Ihr Ziel ist das Phyletische Museum in Jena. Haeckels fantastische Wasserwesen Mit der Ausstellung »10 Tons – Medusen – Ernst Haeckel« widmet das Phyletische Museum anlässlich des 100. Todestages seines Begründers den wohl bekanntesten von ihm dargestellten Organismen eine Son- derausstellung: den Medusen. Die Ausstellung gibt nicht nur Einblick in eine faszinierende Unterwasserwelt, sondern auch in das Haeckelsche Universum, in dem sich visionäre Wissenschaft und Kunst auf einzigartige Weise vereinen. Über Aufbau und Vorbereitung dieser Schau berichtet unsere Reportage. TEXT: UTE SCHÖNFELDER Als ich Bernhard Bock und Kenny Jan­ dausch einen Tag später beim Abladen der Kisten auf dem Museumshof treffe, herrscht rege Betriebsamkeit: Wir kön- nen die Eingangshalle des Museums nicht passieren, denn hier wird gerade der Boden nach historischem Muster mit eigens in Marrakesch hergestellten Fliesen gefliest. Bock und Jandausch tra- gen die Quallen deshalb durch den Sei- teneingang, den »Kubus«, mitten durch eine wartende, schwatzende Schulklas- se. Trotz des Umbaus ist das Museum geöffnet. Im Ausstellungsraum erwartet uns Chaos, jedenfalls sieht für mich so Cha- os aus: Werkzeug, Geräte, Stromkabel liegen herum, die großen Glasvitrinen stehen teils offen, es riecht nach frischer Farbe. Vor den Fenstern hängen noch die Vorhänge der letztenAusstellung. »Ach, das ist der ganz normale Wahnsinn«, Bernhard Bock ist gelassen. Schließlich seien ja noch zwei Wochen Zeit. Original-Präparate und naturgetreue Modelle Was Bock meint, ist die Frist bis zur Er- öffnung der neuen Sonderausstellung, für die der Präparator die Quallen- modelle in Kooperation mit der Firma »10 Tons« in Dänemark extra angefer- tigt hat: 100 Jahre nach dem Tod seines Begründers Ernst Haeckel widmet das Phyletische Museum der wohl bekann- testen von ihm dargestellten Organis- mengruppe eine Sonderausstellung: den Medusen oder eben Quallen. Museumsmitarbeiter Bernhard Bock (l.) und Kenny Jandausch mit zwei Ohrenquallen-Modellen.

RkJQdWJsaXNoZXIy OTI3Njg=