Fakultätsbericht 2016-2017 der Physikalisch-Astronomischen Fakultät

Forschung — 51 Die Epitaxie vieler organischer Filme auf anorga- nischen Substraten kann im Rahmen der starren Gitterepitaxie verstanden werden. Jedoch gibt es auch Fälle, wo dieses Konzept versagt, und winzi- ge Verschiebungen in den molekularen Positio- nen weg von idealen Gitterpunkten, sogenannte stehende Dichtewellen ( static distortion waves , SDWs), für die beobachtete Orientierungsepitaxie verantwortlich sind. Mithilfe von niederenergetischer Elektronen- beugung und Rastertunnelmikroskopie konnten wir direkt SDWs in organischen Adsorbatfilmen (Hexa-peri-hexabenzocoronen auf Graphit) nach- weisen. Sie manifestieren sich als wellenartige Sub-Ångström-Molekülverschiebungen (im Mittel nur 0,5 Å) weg von einem idealen Adsorbatgitter. Anhand eines auf Dichtefunktionaltheorie ba- sierenden Modells zeigen wir, dass durch die Flexibilität der Adsorbatschicht die Molekül- Substrat-Energie durch Verspannung der inter- molekularen Bindungen gewonnen wird und dass die resultierende Gesamtenergie für die experi- Forschungsprojekt 2: Stehende Dichtewellen in flexiblen 2D-Kristallen aus organischen Molekülen mentell beobachtete Domänenorientierung tat- sächlich minimal ist. [3] M. Meissner, F. Sojka, L. Matthes, F. Bechstedt, X. Feng, K. Müllen, S. C. B. Mannsfeld, R. Forker und T. Fritz: Flexible 2D Crystals of Poly- cyclic Aromatics Stabilized by Static Distortion Waves. ACS Nano 10, 6474–6483 (2016), DOI: 10.1021/acsnano.6b00935 . Forschungsprojekt 3: Orbitaltomographie an organischen Molekülschichten Für eine Reihe hochgeordneter organischer Ad- sorbate auf kristallinen Oberflächen wurde be- reits gezeigt, dass die winkelabhängigen Photo- elektronenverteilungen von molekularen Zustän- den, auch bezeichnet als Photoelektronen-Impuls -Karten ( photoelectron momentum maps , PMMs), im Wesentlichen durch eine Fourier- Trans-formation der Molekülorbitale, berechnet für das freie Molekül, beschrieben werden kön- nen. Mithilfe dieser Methode konnten wir kürzlich den Inhalt der bimolekularen Einheitszelle des Moleküls Picen auf Ag(100) aufklären [4] und am Beispiel von Coronen auf Ag(111) zeigen, dass sowohl Substratzustände als auch intermoleku- lare Wechselwirkungen einen Einfluss auf die gemessenen PMMs haben [5]. [4] T. Huempfner, M. Hafermann, C. Udhardt, F. Otto, R. Forker und T. Fritz: Insight into the unit cell: Structure of picene thin films on Ag (100) revealed with complementary methods. J. Chem. Phys. 145, 174706 (2016), DOI: 10.1063/1.4966200 . [5] C. Udhardt, F. Otto, C. Kern, D. Lüftner, T. Huempfner, T. Kirchhue- bel, F. Sojka, M. Meissner, B. Schröter, R. Forker, P. Puschnig und T. Fritz: Influence of Film and Substrate Structure on Photoelectron Momentum Maps of Coronene Thin Films on Ag(111). J. Phys. Chem. C 121, 12285–12293 (2017), DOI: 10.1021/acs.jpcc.7b03500 . Abb. 3. Prinzip der Orbitaltomographie am Beispiel einer Lage Coronen auf Ag(111). Die Schicht wird mit Photonen der Energie 21.22 eV angeregt. Die Winkel- verteilung der herausgelösten Photoelektronen wird energiedispersiv gemessen. Im Rahmen der ebenen- Wellen-Näherung entspricht das erhaltene Bild der Fouriertransformierten der entsprechenden molekula- ren Elektronenzustände. Abb. 2. Links: STM-Bild der stehenden Dichtewellen (SDW) für eine Monolage des organischen Moleküls HBC auf einem Graphiteinkristall. Der Inset zeigt die submolekulare Struktur der Schicht. Rechts: Extrahierte molekulare Verschiebungen, um den Faktor 15 überhöht dargestellt. Aus [3]

RkJQdWJsaXNoZXIy OTI3Njg=