Lichtgedanken 04

S C HW E R P U N K T 43 04 | LICHT GEDANKEN zen Löchern. Warum verschlucken Schwarze Löcher das Licht? Ammon: Ein Schwarzes Loch ist ein massereiches, sehr kompaktes Ob- jekt, das die umgebende Raumzeit so stark verformt, dass laut Einsteins Re- lativitätstheorie weder Materie noch Licht dieses Objekt verlassen können. Schwarze Löcher entstehen am Ende der Lebenszeit massereicher Sterne, die aufgrund ihrer eigenen Gravitati- onskraft in sich kollabieren. Erreichen Lichtteilchen den Einflussbereich, den sogenannten Ereignishorizont, eines Schwarzen Loches werden sie entlang der Raumkrümmung abgelenkt und verschluckt, so wie Wasser in einem Strudel eines Abflusses verschwindet. Wenn Licht den Ereignishorizont über- quert hat, also praktisch in das Schwar- ze Loch gefallen ist, kann es dieses nicht mehr verlassen. Was passiert mit dem Licht im Schwar- zen Loch? Gies: Geleitet von der Mathematik und der Einsteinschen Relativitätstheorie können wir darüber nur spekulieren: Wie beim Urknall findet man auch im Inneren eines Schwarzen Lochs eine Singularität vor, in die alle Materie hi- neinzufallen scheint. Solche punktför- migen Singularitäten sind jedoch un- vereinbar mit der Quantenmechanik. Daher suchen wir nach einer vollstän- digen Theorie der Quantengravitation, mit der sich die Auflösung solcher Sin- gularitäten erklären lässt. Denn anders als es Einsteins Theorie besagt, wissen wir inzwischen, dass auch Schwarze Löcher Strahlung abgeben. Ein Schwarzes Loch ist also gar nicht schwarz? Ammon: Genau. Plakativ ausgedrückt sind Schwarze Löcher nicht schwarz sondern vielmehr grau. Der jüngst ver- storbene Physiker Stephen Hawking hat in einer bahnbrechenden Arbeit gezeigt, dass Schwarze Löcher durch einen Quanteneffekt Licht und Materie- teilchen abstrahlen, die Hawking-Strah- lung. Allerdings bewegt sich diese selbst bei großen Schwarze Löchern im Bereich von Nanokelvin und ist mit heutigen Technologien bisher nicht ex- perimentell nachweisbar. Wie kann man Schwarze Löcher über- haupt beobachten? Gies : Wenn wir ins Universum schauen, sehen wir das Licht, das die Himmels- körper emittieren. Da Schwarze Löcher nichts emittieren, was wir bisher mes- sen können, können wir sie auch nicht direkt sehen. Wir sehen aber ihre Ef- fekte, etwa wie sich andere Sterne um Schwarze Löcher bewegen. Oder wir se- hen Gaswolken und andere Materiefor- men, die in Schwarze Löcher hineinfal- len und dabei gigantische Röntgenblitze produzieren. Können Schwarze Löcher unendlich viel Masse und Licht einfangen? Ammon: Die Theorie sagt keine maxima- le Masse für Schwarze Löcher voraus. Tatsächlich beobachten wir Schwarze Löcher mit einer Masse von einigen wenigen bis zu mehreren Millionen Sonnenmassen. Das Schwarze Loch im Zentrum unserer Galaxie zum Beispiel ist etwa vier Millionen Sonnenmassen schwer. Werden Schwarze Löcher irgendwann alles Licht verschluckt haben? Gies: Nein, das nicht. Dennoch wird es irgendwann vollkommen dunkel sein im Universum. Aber nicht wegen der wachsenden Zahl Schwarzer Löcher, sondern weil sich das Universum mit immer größerer Geschwindigkeit aus- dehnt. Die Zahl an Sternen und Gala- xien, deren Licht noch den Weg zu uns findet, nimmt auf lange Sicht ab. Es ist also die Expansion des Universums, die irgendwann das Licht ausknipst. Wann wird das soweit sein? Ammon: Das können wir heute nicht beantworten. Die beschleunigte Expan- sion des Universums wird der Dunk- len Energie zugeschrieben, die etwa 70 Prozent der Energie des Universums ausmacht. Zum Vergleich: Die gewöhn- liche Materie und das Licht machen nur etwa vier Prozent des Energieinhalts des Universums aus. Trotz intensiver Forschung wissen wir aber noch immer praktisch nichts über die Dunkle Ener- gie und auch die Dunkle Materie. Um die Expansion des Universums genau vorherzusagen, müssten wir die Dunkle Energie überhaupt erst einmal verste- hen. Bild links: Das Zentrum der Milchstraße. Hier befindet sich das zentrale Schwarze Loch »Sagittarius A*«, das rund vier Millionen Sonnenmassen schwer ist. © NRAO/AUI/NSF Bild rechts: Um zu erklären, was mit Licht und Ma- terie in einem Schwarzen Loch passiert, versuchen Juniorprof. Dr. Martin Ammon (l.) und Prof. Dr. Holger Gies Einsteins Allgemeine Relativitätstheorie und die Quantentheorie zu vereinen.

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