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Uni-Journal Jena04/15

Gehört Religion auf den Campus

Zwischen Vorlesung und Gottesdienst – Studierende über die

Religion ist für mich eher eine private

Angelegenheit. Wenn aber andere Stu-

dierende im Universitäts-Alltag das Be-

dürfnis haben, ihren Glauben auszule-

ben, finde ich das absolut in Ordnung,

wenn es einen Raum dafür gibt. Wenn

zum Beispiel Christen oder Muslime

den Wunsch äußern, dass sie einen ei-

genen Raum für ihr Gebet benötigen,

dann sollte man ihnen hier entgegen-

kommen. Schon allein, um als Univer-

sität ein deutliches Zeichen zu setzen.

Es gibt gerade in der heutigen Zeit viele

Missverständnisse gegenüber Religion,

v. a. dem Islam, denen man so entge-

genwirken kann. Ich selbst habe aber in

meiner bisherigen Studienzeit kaum Re-

ligion am Campus wahrgenommen und

denke deshalb, dass der Bedarf nicht

sehr groß sein wird. Nur einmal habe

ich einen Muslim in der Bibliothek beim

Gebet gesehen. In der Regel sieht man

den Menschen ihre Religion ja auch nicht auf den ersten Blick

gleich an.

MelchiorKlassen(25)studiert

GriechischundLateinaufLehr-

amt(10.FS)undistevangelisch.

Mein Glaube ist für mich eine eindeutig

private Sache. Es gibt nicht viele Men-

schen, die wissen, dass ich gläubig bin

und einer Religion angehöre. Und ich

denke, würde Religion am Campus offen

ausgelebt werden, würde das auch Pro-

bleme mit sich bringen. Gerade in der

aktuellen politischen Lage ist Religion

konfliktbehaftet. Ich selbst habe zwar

noch keine Anfeindungen erlebt, aber

schon davon gehört. Abgesehen davon

bin ich der Ansicht, dass der Glaube

nicht dafür gemacht ist, ihn öffentlich

zur Schau zu stellen. Ich mache das für

mich selbst und mein Glaube ist fest in

meinen Uni-Alltag integriert. Das funkti-

oniert auch wunderbar, denn wenn man

aktiv gläubig ist, ist der Glaube an Gott

vom Alltag nicht trennbar. Ich interpre-

tiere denTag und die Geschehnisse zum

Beispiel im Rahmen meiner Religion und

bei Problemen wende ich mich an Gott.

Kurz gesagt: Ich verstehe die ganzeWelt

mit Hilfe meines Glaubens. Einen extra Raum brauche ich an

der Universität dafür nicht. Falls ich wirklich mal einen Rück-

zugsort brauche, kann ich in mein Büro gehen. Auch religiöse

Symbole sind nicht notwendig, die habe ich zu Hause und das

reicht mir. Ich kann mir auch deshalb nicht vorstellen, dass an

der Universität in Zukunft eine offenere Atmosphäre für Reli-

gionen entstehen muss. Ich denke schon, dass jeder seinen

Glauben frei ausleben kann. Ob gläubige Menschen das aber

auch unbedingt so offen zeigen möchten, kann ich mir nicht

vorstellen. Denn der Glaube ist kein Ausstellungsstück.

Gläubige Menschen sollten

ihren Glauben ruhig überall

ausleben können, auch wenn

Religion für mich Privatsa-

che ist. Wenn die Universität

aber Räume für verschiedene

Glaubensrichtungen schafft,

fände ich das gut. Ob man im

Studium allerdings auch expli­

zit Rücksicht auf zum Beispiel

diverse religiöse Feiertage

oder Fastenzeiten oder der-

gleichen nehmen sollte, weiß

ich nicht. Es ist eher fraglich,

ob sich sowas mit Blick auf

die Gleichberechtigung aller

Studierenden auch realisie­

ren lässt. Ich fände aber In­

foveranstaltungen zu den

verschiedenen Religionen ab-

seits der normalen Seminare

und Vorlesungen gut. Damit

könnte man auch Missver-

ständnissen gegenüber bestimmten Glaubensrichtungen

vorbeugen. Religion habe ich bisher aber am Campus kaum

wahrgenommen.

UlrikeLeupold(24)studiertim

MasterPolitikwissenschaft(6.FS)

undistkonfessionslos.

Seine Religion kann erst

einmal jeder ausleben, wie

er möchte. Aber ich bin kein

Befürworter davon, extra

Räume für Gebete, Andach-

ten oder Ähnliches einzurich-

ten. Dass man zum Beispiel

den Religionsunterricht an

Schulen zwingend auf andere

Religionen, wie den Islam,

ausweiten sollte, halte ich

nicht für notwendig. Dass da-

rauf jetzt immer so gepocht

wird, kann ich, auch unter

Berücksichtigung der aktuel-

len Ereignisse, nicht so ganz

unterstützen. Deshalb denke

ich auch nicht, dass Religion

Einfluss auf den universitären

Ablauf der Masse nehmen

sollte. Ist jemand gläubig

und möchte diesen Glauben

in sein Studium integrieren, kann er das individuell mit sich

ausmachen. Ich denke, der Großteil der Gläubigen handhabt

das auch genau so. In Jena habe ich Religion bisher noch kaum

wahrgenommen. Ich denke das liegt daran, dass ich Atheist

bin und eher nicht auf so etwas achte. Nur einmal sind mir

zwei Kommilitoninnen aufgefallen, deren Glaubensrichtung

man anhand ihrer Kleidung erkennen konnte.

SebastianTriller(26)studiert

SportundGeschichteaufLehr-

amt(4.FS)undistkonfessionslos.

MaximTschernajew(25)istMas-

terstudentfürPhysik(12.FS)und

istrussisch-orthodox.

Fotos(8):Wiedemann

Umfrage