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Uni-Journal Jena07/15

Kultur

„Kluge Köpfe – Beredte Bilder“

Ausstellung im Stadtmuseum präsentiert Gelehrtenporträts

Ein Rektor geht, sein Bildnis bleibt: Im

November 2014 ist Prof. Dr. Klaus Dicke

als Rektor der Friedrich-Schiller-Univer-

sität Jena verabschiedet worden – nun

erhält die Universität sein Porträt. Das

Werk der Künstlerin Danica Daki

ć

reiht

sich in die Sammlung von Bildnissen ein,

die die über 450-jährige Unigeschichte

anhand ihrer Gelehrten illustriert und die

über knapp fünf Jahrhunderte bis heute

stetig erweitert wurde.

Erstmals öffentlich zu sehen ist das

Porträt Klaus Dickes – das erste Video-

kunstwerk in der Reihe – in der Aus-

stellung „Kluge Köpfe – Beredte Bilder.

Gelehrtenbildnisse aus 450 Jahren Uni-

versitätsgeschichte Jena“. Die Ausstel-

lung wird am 10. Juli im Stadtmuseum

„Göhre“ eröffnet und präsentiert bis

zum 18. Oktober insgesamt rund 130

Werke.

Klaus Dicke imVideoporträt

Auf den ersten Blick wirkt das Porträt

Klaus Dickes wie eine Fotografie. Doch

schnell erkennt der Betrachter, dass sich

das Bild bewegt. „Man nimmt Atem,

Lidschlag und kleine unwillkürliche Be-

wegungen wahr“, erläutert Prof. Dr. Ve-

rena Krieger. Die Komposition sei eng an

die traditionellen Gelehrtenbildnisse an-

gelehnt, so die Inhaberin des Lehrstuhls

für Kunstgeschichte, auf deren Initiative

die aus Bosnien stammende Künstlerin

Danica Daki

ć

, in Zusammenarbeit mit

dem Fotografen Egbert Trogemann, das

Videoporträt gestaltet hat. Der Monitor,

der das Porträt zeigt, ist wie ein Ge-

mälde gerahmt. Ausschnitt und Haltung

Dickes sind den älteren Bildnissen ent-

lehnt und die Lichtführung erzeugt eine

analoge Atmosphäre. „Damit reiht sich

das Videoporträt Dickes erkennbar in die

Tradition des in Öl gemalten Gelehrten-

porträts ein. Zugleich katapultiert es die

altehrwürdige Bildgattung in die Gegen-

wart“, so Krieger.

Die Tradition der Gelehrtenbildnisse

an der Universität Jena geht bis in ihre

Gründungszeit zurück. Eines der ältes-

ten Gelehrtenbildnisse ist das von Jo-

hann Stigel, um 1555 entstanden, das

am Ausgangspunkt der heute knapp

300 Bildnisse umfassenden Sammlung

stand. Das Bildnis machte die gelehrte

Person ansichtig und wies den Darge-

stellten mit Namen, Titel und Profession

als Angehörigen der Universität aus.Wa-

ren zunächst alle ordentlichen Professo-

ren aufgefordert, ihr Bildnis abzugeben,

beschränkte sich mit dem Wachsen der

Universität die Bildnisabgabe bald vor

allem auf deren Leiter, die Rektoren

der Universität. Dabei war es durchaus

üblich, das Porträt schon während der

Amtszeit anfertigen zu lassen.

Mit der Ausdifferenzierung der uni-

versitären Gesellschaft kamen weitere

bildwürdige Personengruppen hinzu,

bspw. Bibliothekare, Fechtmeister,

Hofapotheker, ergänzt wurden diese

von Bildnissen universitätsfremder Ge-

lehrter, die eine besondere Bedeutung

für die Universität, die Stadt oder eine

bestimmteWissenschaft und Fachkultur

besaßen. Dennoch sind heute nicht alle

Jenaer Gelehrten mit ihrem Porträt über-

liefert, auch aus finanziellen Gründen: So

ist aus dem 18. Jahrhundert überliefert,

dass säumige Professoren an die Ab-

gabe ihres Porträts zu erinnern seien,

und dass der Bildauftrag auch mit einer

geringen Summe seitens der Universität

bezuschusst wurde.

Das jüngste Porträt, das Bildnis von

Klaus Dicke, ist dank großzügiger Spen-

den der Uni-Freundes-Gesellschaft, der

Abbe-Stiftung, der Stadtwerke Jena-

Pößneck und zahlreicher Einzelspender

ermöglicht worden.

Als eine von wenigen Universitäten

kann die Jenaer Universität mit einer –

zumindest bis in das 18. Jahrhundert hi-

nein – sehr geschlossenen Bildnisreihe

aufwarten, die nicht zuletzt zeigt, dass

am Beginn der Alma Mater Jenensis ein

klares Bildbekenntnis der Gemeinschaft

der Lehrenden stand. Dementsprechend

wurden die Gemälde an einem zentra-

len Ort präsentiert: der Bibliothek im

Collegium Jenense. Heute werden die

Gelehrtenbildnisse zum Teil im Gemäl-

dedepot verwahrt und von der Kustodie

betreut. Andere befinden sich in Büros

und Diensträumen der Universität.

Katalog vereint sämtlicheWerke

Die Ausstellung im Stadtmuseum,

die von Dr. Babett Forster, Kustodin der

Kunstsammlung der Universität Jena,

konzipiert und gemeinsam mit Birgitt

Hellmann vom Stadtmuseum realisiert

wurde, widmet sich demTypus des Ge-

lehrtenporträts mit zwei Zielen: der Dar-

stellung der historischen Entwicklung

der Bildnisreihe sowie der Fortschrei-

bung dieser Tradition. Ihre Geschichte

wird in verschiedenenThemenbereichen

vorgestellt, die sich u. a. mit demVerhält-

nis von Person und Beiwerk, der Bildin-

schrift und den Einflüssen der Moderne

auf das altehrwürde Sujet beschäftigen.

Eine Ergänzung bilden Exponate aus

dem Grafikbestand des Stadtmuseums.

So werden nicht nur zum ersten Mal

beide Sammlungen zusammen präsen-

tiert, sondern der zur Ausstellung er-

scheinende Katalog bietet erstmals auch

einen Überblick über sämtliche Bildnisse

der Jenaer Gelehrten. 

BF

DiesePorträtssind

inderAusstellung

„KlugeKöpfe–Be-

redteBilder.Ge-

lehrtenbildnisseaus

450JahrenUniversi-

tätsgeschichteJena“

zusehen:Einesder

ältestenistum1555

entstandenundzeigt

JohannStigel(oben,

links);aufdemvor-

erstletztenvon2015

istKlausDicke(r.)zu

sehen.Esverbindet

dasehrwürdigeSujet

desRektorenbild-

nissesmitmoderner

Videokunst.

WeiterePorträtsder

Ausstellungzeigen

GottfriedFibig

(oben,Mitte),Hanna

Jursch(unten,links),

WilhelmThümmel

(unten,Mitte).

Fotos(5):FSUund

Stadtmuseum