Uni-Journal Jena April 2014 - page 19

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Uni-JournalJena04/14
Forschung
Gift mit nützlichen Nebenwirkungen
Lichtsensibles Polymer-Vlies kann Ko
isetzen
Wo kein Kraut mehr wächst
Woher die „Crete Senesi“ in derToskana ihre weißen Hügel bekommt
Sonnenblumenfelder, Zypressen und
Weinbergesoweit dasAuge reicht –wer
einmal dieToskana bereist hat, wird sie
vermutlich sooder ähnlich inErinnerung
haben. Geographen um Prof. Dr. Beate
Michalzik interessierensichdagegen für
dieeher kargenSeitenderRegion: Inei-
ner Studie haben sie dieBodenbeschaf-
fenheit der durchErosiongeprägtenHü-
gel erforscht, die die als„CreteSenesi“
bekannte Landschaft zwischen Florenz
undGrosseto prägen.
Erosionbedroht Hügellandschaft
Jedenfalls noch. Denn die sogenann-
ten Badlands derToskana sind bedroht.
„Denkleinen, aufgrund ihrerweißenFär-
bung als Biancane bezeichneten Erhe-
bungen, die sich durch eine kahle, stark
abfallende Südseite und eine weniger
steile, dafür von Kräutern bewachsene,
Nordseiteauszeichnen, setzt dieErosion
stark zu“, erklärt BeateMichalzik. Einbis
zwei Zentimeter des Bodens werden
jedes Jahr vonWind undWetter abge-
tragen. Doch warum, so fragte sich die
Bodenkunde-Expertin, findet sichauf der
einen Seite der Hügel eine schützende
Decke aus Beifuß,
Knäuelgras und
Quecke und nicht
ebenso auf der
anderen? Dieser
Frage sind Peggy
Bierbaß, Michael
Wündsch und Be-
ateMichalzikbuch-
stäblich auf den
Grund gegangen:
Wie die Forscher
in der Zeitschrift
„Catena“ schrei-
ben, resultiert
diese typische
Landschaftsform
aus dem engenWechselspiel von Bo-
ImVal d’Orcia, südlich von Siena, ha-
ben die Forscher Bodenproben eines
Hügels genommen und analysiert.Wie
sich herausstellte, beeinflusst der Ge-
halt anNatrium imBoden entscheidend
dessenStabilität.„ImkahlenTeil derHü-
gel ist der Natriumgehalt deutlich höher
als auf der bewachsenen Seite“, soMi-
chaelWündsch. Dadurch sei der Zusam-
menhalt der einzelnenTonschichten des
Bodens verringert, so dass diese leich-
ter durch Regen angreifbar sind. Eine
weitere Ursache liegt in der Vegetation
selbst. „Wo einmal etwas wächst, ge-
langt organischesMaterial indenBoden,
dasalsKitsubstanzdient unddenBoden
vor Abtrag schützt“, sagt PeggyBierbaß.
DerBewuchs führeauch zueiner besse-
renWasserbenetzung desBodens, was
die weitere Begrünung begünstigt und
so denBoden schützt. 
US
Foto:Michalzik
In35bis40Jahren,so
heutigeSchätzungen,
werdendieweißen
HügelderToskana
verschwundensein.
Kontakt:
Prof.Dr.BeateMich-
alzik
Tel.:03641/948820
[alsoavailablein
Es ist ein geruchloses, un-
sichtbares Gas und ein töd-
liches Gift:Wird Kohlenmon­
oxid – chemisch kurz CO
– eingeatmet und gelangt
ins Blut, verhindert es den
lebensnotwendigen Sauer-
stofftransport, was unwei-
gerlich zum Erstickungstod
führt. Umso mehr mag es
verwundern, dass das giftige
Gas in zunehmendemMaße
für Anwendungen in derMe-
dizin im Gespräch ist. Denn
COhat auchnützlicheSeiten:
So kann das Gas Entzündungsreaktio-
nen hemmen und bei Organtransplan-
tationendie transplantiertenOrgane vor
Zellschäden schützen.
„Doch mögliche Anwendungen sind
bisher in der Praxis nicht umsetzbar“,
sagt Prof. Dr. Alexander Schiller. Denn:
„Voraussetzung für einen solchen Ein-
satz von Kohlenmonoxid wäre es, das
Gas kontrolliert und ausschließlich am
gewünschtenOrt zu applizieren“, erklärt
der Chemiker. Gemeinsam mit einem
interdisziplinärenTeam hat er jüngst in
der Fachzeitschrift „Journal ofMaterials
ChemistryB“ein lichtsensiblesPolymer-
Vlies vorgestellt, dasgenaudasmöglich
machen könnte. Es setzt kontrolliert CO
frei und ist damit prinzipiell als Mate-
rial für biomedizinische An-
Entwickelt wurde das
Vlies im Rahmen der DFG-
Forschergruppe „Häm und
Häm-Abbauprodukte“. Bei der
Neuentwicklung handelt es
sichumeineMetall-Carbonyl-
Verbindung, die zusammen
mit einem Polymer zu einer
Faser vonetwa einemMikro-
meter (Tausendstel Millime-
ter) Durchmesser gesponnen
wird, aus der ein dichtes
zweidimensionales Vlies entsteht. Die
entscheidende Eigenschaft des Mate-
rials ist jedoch sein integrierter „Licht-
schalter“.WirddasPolymermit violettem
oder blauemLicht bestrahlt, setzt esCO
frei – inDunkelheit dagegen nicht. „Auf
dieseWeise lässt sich die Gasfreiset-
zung über die Lichteinstrahlung elegant
und präzise steuern“, soSchiller. 
US
Abbildung:Schiller
Kontakt:
Jun.-Prof.Dr.Alexan-
derSchiller
Tel.:03641/948113
DiePolymer-FasernsetzenunterBestrahlungmitLichtCOfrei.
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