Background Image
Table of Contents Table of Contents
Previous Page  20-21 / 32 Next Page
Information
Show Menu
Previous Page 20-21 / 32 Next Page
Page Background

20

Uni-Journal JenaSonderausgabe2014

Uni-Journal JenaSonderausgabe2014

21

genutzt wurde zudem die Möglichkeit,

neue Studiengänge an den Schnittstel-

len mehrerer Fakultäten zu entwickeln:

z. B. Biogeowissenschaften, Bioinfor-

matik, Christentum in Kultur, Geschichte

und Bildung, Interkulturelles Musik- und

Veranstaltungsmanagement. Als Mus-

ter für einen sich erfolgreich selbstfinan-

zierenden Weiterbildungsstudiengang

muss der MBA Sportmanagement gel-

ten. Umfangreiche Überarbeitungen hat

auch das Medizinstudium erfahren. In

den Wirtschaftswissenschaften wurde

der Studiengang M. Sc. Betriebswirt-

schaftslehre für Ingenieure und Natur-

wissenschaftler neu eingerichtet. Dies

sind Belege, dass die Chancen der

Umstellung in vielfältiger Weise genutzt

wurden. Ein besonderes Anliegen von

Rektor und Prorektor war es aber auch,

bei aller gebotenen Schwerpunktbildung

die „kleinen Fächer“ zu schützen und sie

als Kleinod und Zukunftsträger in ihrer

Ausbildungs- und Forschungskraft zu

stärken.

Außerdem: In allen Bachelor-Studien-

gängen sind Pflicht-Praktika verankert,

denn die Verzahnung mit der Wirtschaft

und Berufspraxis ist traditionell prägen-

des Element der Jenaer Universitäts-

ausbildung. Dass stetig steigend derzeit

rund 40 Prozent der Studienanfänger

aus den alten Bundesländern stammen,

spricht nicht nur für die Attraktivität der

Ausbildung sondern ermöglicht es, Jena

und Thüringen auf hohem Niveau Nach-

wuchskräfte anzubieten. Darüber hinaus

werden Unternehmensgründungen über

den K1 – Gründerservice durch Ausbil-

dungs- und Qualifizierungsangebote für

alle Fakultäten befördert und durch eine

individuelle Betreuung und bei der Finan-

zierung unterstützt.

Qualitätsentwicklung

Die Qualitätssicherung und Qualitäts-

förderung besitzt im Leitungskonzept

von Klaus Dicke – sicherlich bestärkt

durch Klaus Kübel – einen zentralen

Stellenwert. Zur Absicherung und konti-

nuierlichen Verbesserung der Ausbildung

wurde ein internes Qualitätssicherungs-

system für die Lehre aufgebaut, das auf

die konzeptionelle Ausgestaltung der

Studiengänge (Programmqualität), die

Betreuung der Studierenden (Betreu-

ungsqualität) und die Lehrkompetenz

(Lehrqualität) ausgerichtet ist. Neben

der Evaluierung der Lehrveranstaltun-

gen sind Studiengangsbefragungen neu

konzipiert und ein Auswertungssystem

an den Fakultäten etabliert worden, die

eine kontinuierliche Weiterentwicklung

der Studiengänge absichern soll. Der

hochschulöffentlichen Diskussion der

Studiensituation dienten die von Klaus

Dicke ins Leben gerufenen jährlichen

Bolognatage. Um die Lehrkompetenz

vom Tutor über den wissenschaftlichen

Nachwuchs bis hin zu den Professoren

zu befördern, wurde mit Unterstüt-

zung der Erziehungswissenschaften

die hochschuldidaktische Servicestelle

„LehreLernen“ eingerichtet. Kritisch im

Hinblick auf Kosten und Nutzen haben

sich Rektorat und Universitätsrat mit

der Akkreditierung auseinandergesetzt

und sich übereinstimmend für die Um-

stellung auf die Systemakkreditierung

entschieden.

Dritte Säule des Umstellungsprozes-

ses war seine verwaltungstechnische

Bewältigung. Größten Aufwand und

auch Akzeptanzprobleme verursachte

„Fridolin“, die Einrichtung des Campus-

Management-Systems zur Online-Stu-

dienverwaltung. Fridolin bietet Einblick

in die Hochschulstruktur, Modulkataloge

undVorlesungsverzeichnisse und ermög-

licht, online Veranstaltungsbelegung,

Prüfungsanmeldung und Ausdrucke von

Studienbescheinigungen durchzuführen.

Parallel hierzu wurde die thoska-Karte

als Studienausweis und multifunktio-

nale Chipkarte zur Vereinfachung von

Verwaltungs- und Zahlungsabläufen ein-

geführt. Speziell für ausländische Stu-

dierende konzipiert ermöglicht „Onleila“

die Erstellung individueller Studienpläne.

Darüber hinaus sind unter Leitung von

Eva Schmitt-Rodermund die Zentrale

Studienberatung und das Studierenden-

Service-Zentrum umstrukturiert und

speziell für die Masterstudiengänge ein

zentrales Master-Service-Zentrum einge-

richtet worden.

Studentenparadies Jena

Zur Abrundung der Lehrstrategie rief

Klaus Dicke 2007 die Initiative „Studen-

tenparadies Jena“ aus. Damit verbun-

den ist ein deutliches Bekenntnis zur

Chancengleichheit und zur selbstver-

ständlichen, umfassenden Förderung

familienfreundlicher Studien- und Ar-

beitsbedingungen. Es galt ein Jenaer

Bündnis zu schmieden zwischen Stadt

und Region, Universität und Fachhoch-

schule, Studentenwerk und Wirtschaft,

um das Umfeld für Studium undWissen-

schaft stetig zu verbessern. Bundesweit

Vorbildcharakter besitzt die flexible Kin-

derbetreuung (JUni-Kinder). Direkt am

Abbe-Campus hat 2011 das Hochschul-

Familienbüro als Beratungs- und Betreu-

ungsstelle seine Arbeit aufgenommen.

Epilog

Im Prorektorat für Lehre und Struktur

hing ein Bildnis von Johann Heinrich

Pestalozzi. Dessen Ansatz folgend, hat

Klaus Dicke die Universität „mit Kopf,

Herz und Hand“ durch die Umbrüche

seines Jahrzehnts geführt.

Lehre

LehreanderFSU:

AlsLeitliniefürdie

Umstellungsprozesse

hatRektorDicke

2007dieDenkschrift

„DasSpezifikumuni-

versitärerBildung“

initiiert.Dieseistzu

f

indenunter:www.

uni-jena.de/Spezi-

fikum_universitae-

rer_Bildung.html.

Foto:Günther

Zeit der Neuausrichtung

Prof. Dr. Kurt-Dieter Koschmieder über Umbrüche in Studium und Lehre sowie die Spezifika universitärer Bildung

„Bona studia“ soll die Jenaer Hohe

Schule nach dem Willen ihres Grün-

dungsrektors verpflichtet sein – Diesem

Anspruch hat sich Klaus Dicke in seinem

Jahrzehnt als Rektor in besondererWeise

verschrieben. Nicht durch die Bologna-

Reform gezwungen, nein: aus tiefer

Überzeugung als Wissenschaftler und

Lehrer.

Die Amtszeit von Klaus Dicke war

geprägt durch die zweite gravierende

Umstrukturierung der FSU innerhalb

von 15 Jahren. Waren die 1990er Jahre

durch den beachtlichen Neuaufbau und

die Bemühungen um Konsolidierung ge-

kennzeichnet, griffen Bologna-Reform,

Exzellenzinitiative und die Novellierung

desThüringer Hochschulgesetztes schon

zu Beginn der Amtszeit von Klaus Dicke

mit tiefgreifenden Änderungen in alle drei

Lebensbereiche der FSU ein: in Lehre

und Forschung sowie in Leitungs- und

Verwaltungsstruktur. Darüber hinaus war

das „Gedächtnis“ der Universität und der

Garant für die qualitätsorientierte Ent-

wicklung seit 1990 – Kanzler Klaus Kübel

– zu ersetzen.

Derartige Herausforderungen lassen

sich nur imTeam, im Zusammenspiel von

Rektorat, Senat, Fakultätsleitung und ab

2008 in Zusammenarbeit mit dem Uni-

versitätsrat bewältigen, wenn Respekt

und kooperativer Geist Kreativität frei-

setzt und das Ringen um die bestmög-

liche Lösung ermöglicht. Klaus Dicke hat

sich als Initiator, Lenker und Stratege

verstanden, aber auch als „Dienstleis-

ter“, um den Wissenschaftlern und Stu-

dierenden individuellen Freiraum und

bestmögliche Rahmenbedingungen für

Studium und wissenschaftliche Entfal-

tung zu bieten. Er hat mit Überzeugungs-

kraft für personelle Kontinuität in den

Prorektoraten geworben und so seine

Prorektoren längerfristig binden können,

um die großen Aufgaben zu bewältigen:

Forschungsstrategie und Exzellenzinitia-

tive mit Herbert Witte, Lehrstrategie und

Bologna-Reform mit Stefan Matuschek

und mir, Nachwuchsstrategie und Aufbau

der Graduierten-Akademie mit Amelie

Mummendey, strategischer und operati-

ver Umbau der Leitungsstruktur und Neu-

fassung von Satzungen und Ordnungen

mit Klaus Kübel und Klaus Bartholmé.

Die Bereitschaft sich längerfristig der

Arbeit im Rektorat zu verschreiben,

wurde entscheidend geprägt durch

das immense zwischenmenschliche

Verständnis, durch Zuhören, durch die

Bereitschaft zu kritischer Reflexion und

zu konstruktivem Mitdenken, durch die

gemeinsame intensive Suche nach der

optimalen Strategie und dem optimalen

Lösungsweg. Das war Teamarbeit im

besten Sinne – D(d)ank Klaus Dicke und

Dank den Mitstreitern und den engagier-

ten Mitarbeitern des Rekto-

rats, der Prorektorate und der

Verwaltung.

Leitbild Lehre

Kein Zweifel: Die Bologna-

Reform wurde auch an der

FSU äußerst kritisch aufge-

nommen. Stellvertretend

hierfür sei auf den Vortrag

von Stefan Matuschek an-

lässlich der Immatrikulations-

feier 2006 verwiesen. Um

den Zwang zur Umstellung

in akademischer Weise anzu-

gehen, initiierte Rektor Dicke

als inhaltliche Leitlinie die

Denkschrift „Das Spezifikum

universitärer Bildung“ (2007),

die von mir und Peter Braun

2010 um das „Leitbild Lehre“

ergänzt wurde. Es lohnt sich

festzuhalten: Das Ziel univer-

sitärer Bildung lässt sich nur

über die Spezifika der Univer-

sität bestimmen. Alleinstel-

lungsmerkmal der Universität

ist die personelle Verzahnung von For-

schung und Lehre sowie die Ausbildung

des wissenschaftlichen Nachwuchses

für Forschung und Lehre. Im Mittelpunkt

universitärer Ausbildung stehen deshalb

die Teilhabe am Forschungsprozess, die

forschungsgeleiteteWissens- und Fähig-

keitsvermittlung und die Anleitung zum

reflektiven und präskiptiven Selbstden-

ken. Je konsequenter eine forschungs-

orientierte Lehre realisiert wird, desto

besser die Voraussetzungen für zukünf-

tige Spitzenleistungen in der Forschung

sowohl innerhalb als außerhalb der Uni-

versität.

Operativ begann die Umstellung mit

der Modulprüfungsordnung (2005) als

Rahmenordnung für alle Studiengänge,

bevor dann in den einzelnen Fakultäten

auf Basis von Strukturentscheidungen

die Bachelor- und Masterstudiengänge

mit Selbstbericht, Prüfungs- und Studi-

enordnungen sowie Modulkatalog erar-

beitet wurden. Die Umstellung selbst

erstreckte sich zwischen 2007 und 2010

auf die Studiengänge aller Fakultäten mit

Ausnahme der Staatsexamensstudien-

gänge der Rechtswissenschaften, Me-

dizin, Pharmazie und Lehrerausbildung

sowie der Theologie (Diplom und kirch-

liche Prüfung). Strukturell und inhaltlich

wurden besondere Akzente gesetzt in

der Lehrerausbildung mit dem Jenaer

Modell, das deutschlandweit Vorbildcha-

rakter erlangt hat.

Organisatorisch sichtbarer Ausdruck

internationaler Verknüpfung von For-

schung und Lehre verbunden mit ei-

nem gleitenden Übergang in Doktoran-

denprogramme sind die Jenaer School

of Microbial Communication (M. Sc.

Microbiology) und die Abbe School of

Photonics (M. Sc. Photonics). Vielfach

„Klaus Dicke hat

sich als Initiator,

Lenker und Stratege

verstanden, um den

Wissenschaftlern

und Studierenden

individuellen Freiraum

und bestmögliche

Rahmenbedingungen

für Studium und

wissenschaftliche

Entfaltung zu bieten.“

Lehre

Prof.Dr.Kurt-Dieter

Koschmiederwar

von2006bis2011

ProrektorfürLehre

undStrukturund

hatindieserZeitdie

Umstellungsprozesse

imZugederBologna-

Reformmaßgeblich

gestaltet.

Foto:Kasper