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Rubrik

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Infrastruktur im Mittelalter

Ein Forscherteam aus Jena, Leipzig, Kiel und München legt Ergebnis-

se archäologischer Grabungen vor und weist damit den nördlichsten

Teil des »Karlsgrabens« aus der Zeit Karls des Großen nach.

A R C H Ä O L O G I E

T E X T: A L E X A N D R A B EC K

Der »Karlsgraben« ist das bedeutends-

te und ambitionierteste Infrastruktur-

projekt des frühen Mittelalters in Zen-

traleuropa: Karl der Große wollte im

Jahr 793 einen durchgehenden Schiff-

fahrtsweg zwischen Rhein und Donau

schaffen. Der etwa drei Kilometer lange

Kanal ist eines der größten Bodendenk-

mäler Süddeutschlands. Die genaue

Bauzeit dieses Bauwerkes war lange

umstritten. Erst 2013 konnte der Karls-

graben durch eine Ausgrabung und die

dendrochronologische Untersuchung

der Bauhölzer in das Jahr 793 datiert

werden. Bislang war ungeklärt, ob der

Karlsgraben jemals fertiggestellt wurde

oder ob das Kanalbauprojekt unvollen-

det blieb. Es fehlte nicht nur der Nach-

weis für die mögliche Schiffbarkeit des

Kanals, sondern auch der Nachweis

für den Anschluss des Kanals an den

Bach Rezat. Bis vor wenigen Jahren war

insbesondere der nördlichste Teil des

Bauwerkes der Forschung noch völlig

unbekannt.

Nun liefern aktuelle Ausgrabungen ei-

ner Forschergruppe der Universitäten

Jena, Leipzig und Kiel, des Leibniz-In-

stitutes für Photonische Technologien

Jena sowie des Bayerischen Landesam-

tes für Denkmalpflege neue Ergebnisse:

Demnach ist der Kanal bis unmittelbar

an den Bachlauf der Rezat ausgeschach-

tet und teilweise auch dort mit aufwen-

digen Holzeinbauten stabilisiert wor-

den. Ein internationales Grabungsteam

unter Leitung von Dr. Lukas Werther

von der Friedrich-Schiller-Universität

dokumentierte bei der Grabung zahl-

reiche Bauhölzer, darunter mächtige Ei-

chenbohlen und Flechtwerkmatten zur

Stabilisierung der Kanalböschungen.

Die Archäologen sicherten auch Abfälle

von der Bearbeitung der Hölzer vor Ort.

Dank des hohen Grundwasserstandes

und der Überdeckung mit Sedimenten

unmittelbar nach dem Bau sind die mit-

telalterlichen Holzkonstruktionen kon-

serviert und in außergewöhnlich gutem

Zustand erhalten geblieben.

Einblicke in die frühmittelalterliche

Wasserbautechnik

Mit Hilfe von zwei Grabungsschnitten,

sogenannten Sondagen, die quer durch

zwei der nördlichen Kanalabschnit-

te laufen, erhielt das Forschungsteam

nahe der Rezat Einblicke in die früh-

mittelalterliche

Wasserbautechnik.

Während in einem Grabungsschnitt

eine fünf Meter breite und teilweise

aufwendig mit Holz befestigte Fahrrin-

ne zu Tage trat, wies die Rinne im zwei-

Blick in die fünf Meter breite Fahrrinne des Kanals.

Im Vordergrund ist eine Reihe aus massiven

Eichenbohlenköpfen zu sehen. Die Profilwände des

Grabungsschnitts werden aus Sicherheitsgründen

durch einen Holzeinbau stabilisiert.