Uni-Journal Jena April 2014 - page 36

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Uni-JournalJena04/14
Profile
Die Macht
im Konzern
Prof. Geppert analysiert
Managementprozesse
Sprache und Identität
Prof. Rabus baut das Brückner-Zentrummit auf
Evidenzbasierte Medizin
Prof. Scherag erfasst klinische Daten
Die Sprache steht inWechselwirkung
mit dem Denken und beeinflusst die
Identität des Menschen. „Sprache ist
ein entscheidender Bestandteil der
menschlichen Existenz“, betont auch
Prof. Dr. Achim Rabus (Foto). Der neue
Slawistik-Professor erlebt diesen Iden-
titätskonflikt nicht nur bei vielen seiner
Studierenden, die inDeutschlandaufge-
wachsen sind, aber slawischeWurzeln
haben. Der Aleksander-Brückner-Profes-
sor für SlawistischeSprachwissenschaft
hat auch in seinen Forschungen erfah-
ren, wie Sprachenpolitik und -vorgaben
die Sprecher beeinflussen. So hat der
gebürtige Filderstädter etwa 2008 in
seiner Dissertation über die Sprache
ostslawischer Gesänge u. a. analysiert,
wie Kirchenslawisch eingesetzt wurde,
um religiöse Ziele zu erreichen.
Prof. Rabus schätzt solche Analysen,
denn„ich finde auch dieGrammatik äs-
thetisch“, sagt der 35-jährigeNeu-Jenaer,
der bereitsmit seiner Frau und den drei
Söhnen an die Saale gezogen ist. Hier
will der musischeWissenschaftler am
liebsten „Europäer ausbilden, die auf
dem östlichen
Auge nicht blind
sind“. Als Jenaer
Vertreter des
Aleksander-Brück-
ner-Zentrums für
Polenstudien, das
die Unis in Halle
und Jena gemein-
sam betreiben,
kann er so auch
denAufbau des Zentrums vorantreiben.
„Es ist einegroßeChance,weil dasZen-
trum einzigartig ist in Deutschland“, be-
tont Rabus, der aus Freiburg/Brsg. nach
Jenawechselte.
Hierwirder nunüber slawischeSozio-
und Kontaktlinguistik ebenso forschen
wie über Slawistik und elektronische
Medien sowie Minderheitensprachen
in Polen und anderen Ländern. „Denn
es gibt nicht das eine Polnisch, sondern
eine Vielzahl von Sprachformen“, erläu-
tert er. Und wie diese Sprachvarianten
aussehenundwassie für dieMenschen
bedeuten, das analysiert der Slawist in-
tensiv. 
AB
Foto:Kasper
Keinweißer Kittel,
keinePipettenund
außer leistungs-
fähiger Rechen-
technik kein High-
tech – für große
Teile seiner Arbeit
braucht Prof. Dr.
André Scherag
(Foto) nicht mehr
als einen Schreib-
tisch, Zeit und Ruhe. Doch der Beitrag
seinesFaches zurVerbesserungderme-
dizinischen Versorgung ist nicht zu un-
terschätzen: Als Professor für Klinische
Epidemiologie plant, erhebt und analy-
siert der 39-Jährigekrankheitsbezogene
Studien zu patientenrelevanten Fragen.
Solche Daten ermöglichen Aussagen
zur Notwendigkeit und Effektivität me-
dizinischer Maßnahmen im Sinne einer
evidenzbasierten Medizin. Seit dem
Wintersemester arbeiten Scherag und
seine Gruppe am Klinikum im Integrier-
ten Forschungs- und Behandlungszent-
rum für Sepsis undSepsisfolgenCSCC.
„Wir wissen, dass viele Patienten
nach dem Überstehen einer Sepsis
an neurologischen Spätfolgen leiden
– über Faktoren, die solchen Langzeit-
folgen vorbeugenoder aber siebegüns-
tigen, wissen wir fast nichts“, so André
Scherag. Deshalbwird eines seiner For-
schungsvorhaben die Auswertung bis-
heriger Registerdatenunddiemöglichst
vollständige Erfassung klinischer Daten
vonehemaligenSepsispatientenmit die-
ser Fragestellung sein.
Nach seinem Psychologiediplom in
Marburg wechselte André Scherag in
die Epidemiologie/Biometrie und ab-
solvierte während seiner Promotion
berufsbegleitend ein Masterstudium in
MedizinischerBiometrie/Biostatistik.An-
schließend forschte er auf dem Gebiet
der molekularen Epidemiologie – u. a.
zu genomweiten Assoziationsstudien,
wozu er sich auch habilitierte. „Unsere
Erfahrungen in großen genomweiten
Studien bieten gute Ansatzpunkte zu
Erkrankungen wie der Sepsis“, ist sich
Scherag sicher. 
vdG
Foto:UKJ
Die Zeiten von
Tante-Emma-Lä-
den und Kontinui-
tätsindvergangen.
Warenhausketten
und global agie-
rende Unterneh-
men bestimmen
die Wirtschaft.
Doch wie lernen
solche Unterneh-
men, wie entwickeln sie sich weiter?
Solche Fragen untersucht Prof. Dr.Mike
Geppert (Foto). Der neue Lehrstuhlinha-
ber fürStrategischesund Internationales
Management setzt dabei auf eine über-
greifende, vergleichende Perspektive:
Er untersucht multinationale Unterneh-
men aus der Management- und der Ar-
beitnehmerperspektive, analysiert wie
Politik- und Machtprozesse in solchen
verzweigten Unternehmen ablaufen.
Und auch interkulturelle Kompetenzen
oder dieMikroprozesse inder Industrie–
etwabeimVerhältnisvonFirmenzentrale
zu denNiederlassungen – interessieren
den 49-jährigen gebürtigenStendaler.
Und da es Menschen sind, die Ent-
scheidungen fällen, kommt es ihm zu-
gute, dass er zunächst Soziologie stu-
diert hat. FürGeppert ist die„Soziologie
ein Teil der Betriebswirtschaftslehre“
(BWL).Undsoknüpft er anseiner neuen
Wirkungsstätte nicht nur intensive Kon-
takte zu den Kollegen derWirtschafts-
wissenschaftlichen Fakultät, sondern
auch zu den Soziologen. Dass der For-
scher dabei überwiegend auf Englisch
publiziert liegt zum einen daran, dass
„die Business-Sprache Englisch ist“.
Daher hat er bereits seine Dissertation
im Jahr 2000 an der Berliner Humboldt-
Universität über dieWege des Lernens
in ostdeutschenUnternehmen auf Eng-
lischverfasst. ZumanderenwarGeppert
in den letzten fast 14 Jahren inGroßbri-
tannien tätig, zuletzt als Management-
Professor an der Universität vonSurrey.
Die Rückkehr nach Deutschland sei
für ihn ein bisschen „ein Kulturschock“
gewesen, doch Mike Geppert kann
zwischen den Welten wandern und
Jena werde für ihn und seine Familie
ein gutes Pflaster sein – davon ist der
ehemaligeRinger undTheaterenthusiast
überzeugt. Und multinationale Unter-
nehmen könneman von jedemOrt aus
erforschen, wichtig sei die Perspektive,
ist Prof. Geppert überzeugt. 
AB
Foto:Kasper
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