Uni-Journal Jena Juli 2014 - page 32

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Uni-JournalJena07/14
Beutenberg-News
Lebensretter
Fungoglobin
Senföl-Bombe entschärft
Kohlerdflöhe schlagen Feinde mit eigenenWaffen
Zentrales Gebäude für die Lichtforschung
Neubau des „Abbe Center of Photonics“ soll Mitte 2015 fertiggestellt sein
Kohlerdflöhe gehören zu den Flohkä-
fern und sind bedeutende Schädlinge
an Kohlgemüse, aber auch an ande-
ren Kreuzblütengewächsen wie Senf,
Meerrettich oder
Raps. Diese Pflan-
zen nutzen gegen
Fraßfeinde ein
ausgeklügeltes
Abwehrsystem,
das als Senföl-
Bombe bekannt
ist: Wird pflanz-
liches Gewebe
verletzt, kommen
Senfölglycoside
und ein Enzym,
welches alsMyro-
sinase bezeichnet
wird, miteinander
in Kontakt und es entstehen giftige,
die meisten Insekten abschreckende
Abbauprodukte. Dieser Verteidigungs-
mechanismus ist bei Kohlerdflöhen je-
doch wirkungslos, wieWissenschaftler
des Max-Planck-Instituts für chemische
Ökologie in Jena nachweisen konnten.
Die Kohlerdflöhe fressen viele kleine
Löcher in die Blätter sämtlicher Kohl-
gemüsearten. Dabei können sie die
Senfölglycoside der Pflanze im Körper
einlagern, ohnedass das pflanzlicheEn-
zym die Senföl-Bombe aktivieren kann.
Vielmehr besitzen sie sogar eineeigene
Myrosinase und können diese Abwehr-
stoffe für eigene
Zwecke nutzen.
Die Senföl-Bombe
der Käfer schreckt
wahrscheinl ich
ihre
eigenen
Feinde ab, schrei-
ben die Forscher
um Franziska Be-
ran in dem Fach-
blatt „Proceedings
of the National
Academy of Sci-
ences of theUSA“
Die Wissenschaftler rätseln bislang
noch, wie die Käfer intakte Senfölglyco-
side aufnehmen können und wodurch
die pflanzliche Myrosinase möglicher-
weise außer Kraft gesetztwird. Siewol-
len nun klären, wo die Käfer die Senföl-
glycoside speichern,wie sie ihreeigene
Senföl-Bombemit der Käfer-Myrosinase
kontrollieren und warum sie Glucosino-
lat-Abbauprodukte bilden können, ohne
dabei selbst vergiftet zuwerden.
ImDezember 2010wurdeesgegründet,
nunerhält dasAbbeCenter ofPhotonics
(ACP) der Universität Jena ein neues
zentrales Labor- und Bürogebäude. Der
Forschungsneubau entsteht derzeit auf
Wieso geraten Pottwale nicht in Atem-
not, wenn sie eine Stunde lang unter
Wasser tauchen? Das Geheimnis liegt
im Blut: Das Eiweiß Hämoglobin sorgt
dafür, dassSauerstoff imBlut gebunden
und transportiertwird.AuchPilzenutzen
ein solches Eiweiß, um im sauerstoffar-
men Erdboden zu überleben – das so-
genannte Fungoglobin. Entdeckt hat es
Falk Hillmann vom Leibniz-Institut für
Naturstoff-Forschung und Infektionsbio-
logie –Hans-Knöll-Institut (HKI). Auf der
„EuropeanConferenceonFungal Gene-
tics“ – der größten europäischen Kon-
ferenz für Pilzforscher – konnte er nun
dafür denPosterpreis gewinnen.
Hillmann und seine Kollegen wollten
herausfinden, wieso Lebewesen wie
der Schimmelpilz Aspergillus fumigatus
auchunter denwidrigstenBedingungen
überleben können. Sie entzogen dem
Pilz den Sauerstoff und überprüften,
welche seiner Gene dabei „angeschal-
tet“werden.DasauffälligsteGendarun-
ter codiert ein Eiweiß, das die Forscher
alsFungoglobinbezeichneten. Esbindet
Sauerstoff und hält so den Pilz am Le-
ben.
Die Entdeckung könnte die industri-
elleProduktionetwa vonZitronensäure,
Antibiotika oder Sojasauce erleichtern.
dem Beutenberg-
Campus und soll
Mitte 2015 fer-
tiggestellt sein.
Grundlage war
ein erfolgreicher
Antrag der ACP-
Forscher beim
Deutschen Wis-
senschaftsrat. Die
Baukosten betra-
gen rund 24 Mio.
Euro und werden
aus Bundes- und
Landesmi tteln
im Rahmen des
ProExzellenz-Pro-
gramms des Freistaates finanziert.
Für die interdisziplinäre Spitzenfor-
schung und Nachwuchsqualifizierung
entstehenauf einerNutzflächevon2600
Quadratmetern Forschungslabore und
Büros der Physik, Chemie, Biologie und
Medizin.Dankseiner zentralenLageauf
dem Beutenberg-Campus wird der For-
schungsneubau ebenso die Verbindung
vonuniversitärenundaußeruniversitären
Forschungseinrichtungen stärken und
denTransfer der Forschungsergebnisse
in diePraxisweiter erleichtern.
Aktuell gehören dem ACP 39 For-
schergruppen aus vier Fakultäten an.
DieWissenschaftler forschenund lehren
zumThema „Licht“ – die erste der drei
ProfillinienderUniversität„Light –Life–
Liberty“.DieSchwerpunktedesACPsind
Ultraoptik, Starkfeld-Laserphysik, photo-
nischeMaterialienundBiophotonik. Ziel
ist u. a. die Erforschung von Licht mit
extremenEigenschaftenundbiophotoni-
scher Diagnose- undTherapiemethoden
sowiedieEntwicklung innovativer nano-
strukturierter Materialien zur Steuerung
der Lichteigenschaften.
DerKohlerdflohwandeltdenpflanzlichen
AbwehrmechanismusderSenföl-Bombezu
seinemeigenenVerteidigungssystemum.
Foto:ChristianUlrichs,HUBerlin
KünftigeSüdan-
sichtdesNeubaus
desAbbeCenterof
Photonicsaufdem
Beutenberg-Campus.
Abbildung:HENNArchitekten
1...,22,23,24,25,26,27,28,29,30,31 33,34,35,36,37,38,39,40,41,42,...52
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