Uni-Journal Jena Juli 2014 - page 26

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Uni-JournalJena07/14
Interview
Aus der Bundeshauptstadt in die
heimliche Hauptstadt Thüringens:
Washat Sie,Herr Prof. Rosenthal, be-
wogen, an der Friedrich-Schiller-Uni-
versität Jena (FSU) zu kandidieren?
Ich kenne Jena und seine wissen-
schaftlichen Einrichtungen mit der FSU
als integrierende Institution sehr gut
und bin fest davon überzeugt, dass die
Forschungsregion ein großes Potenzial
bietet. Bei ihrer weiteren Entwicklung
gestaltend mitzuwirken, ist eine span-
nende und herausfordernde Aufgabe.
Die FSU ist eine der forschungsstarken
Universitäten indenneuenLändern. Für
mich ist es Ehre und Verpflichtung zu-
gleich, dass mir das Amt an der Spitze
einer so traditionsreichen Universität
wie der Friedrich-Schiller-Universität an-
getragenwurde.
Dabei sind die Zeiten nicht einfach,
Gestaltungsspielräume werden en-
ger,wennmanalleineandieFinanzen
denkt. 125 Stellen sind in den kom-
menden Jahren an der Universität
abzubauen….
Das ist mir bekannt. Ich werde ge-
meinsam mit dem Kanzler und den
Wissenschaftlern nach den besten Lö-
sungen suchen. Und natürlich wird es
einemeinerwichtigstenAufgaben sein,
mich bei der Landesregierung für eine
adäquate Finanzierung der FSU einzu-
setzen.
„Die FSU als forschungsstarke
Der neue Präsident Prof. Dr.Walter Rosenthal über sein Bild
Sie sind renommierterWissenschaft-
ler und zugleich erfahrenerWissen-
schaftsmanager:Wo sehen Sie Ihre
Stärken?
Ich bin kein Freund der öffentlichen
Zurschaustellung vonStärken.
Gibt es auchSchwächen?
Das gilt auch für Schwächen.
Das Max-Delbrück-Centrum (MDC),
dessenVorstand Sie seit 2009 sind,
ist ein Großforschungszentrum für
Molekulare Me-
dizin. Wie sehen
Sie Jena in die-
sem Bereich auf-
gestellt?
Diemolekularen
Lebenswissen-
schaften sind sehr
gut aufgestellt.
Nehmen Sie den
Beutenberg-Cam-
pus mit den Insti-
tutender FSU, den
Max-Planck- und
Leibniz-Instituten,
die Institute des
UKJ, die Ernst-Abbe-Fachhochschule,
das Weltunternehmen Carl Zeiss und
andere. Hier sehe ich ein großes Po-
tenzial. Jena ist eine sehr sichtbare und
dynamische Wissenschafts- undWirt-
schaftsregion.
Undwie haben Sie die FSU darüber
hinaus bisherwahrgenommen?
Mir ist bei meinen Besuchen in Jena
immer wieder das kollegiale und konst-
ruktiveMiteinander aufgefallen. Das hat
mich beeindruckt. Mir ist natürlich klar,
dass es Interessenskonflikte gibt. Aber
offensichtlich hindern diese nicht daran,
sichgemeinsam für dieBelangeder FSU
und der gesamtenWissenschaftsregion
einzusetzen.
Wird es bei den Forschungsschwer-
punkten „Light – Life – Liberty“ blei-
ben?
Ich sehe keinen Grund, an den For-
schungsschwerpunkten etwas zu än-
dern. Die Physiker versichern uns, dass
das 21. Jahrhundert das Jahrhundert
des Lichtes sein wird: Computer, die
mit Licht anstelle von Strom rechnen;
Mikroskope, die in Echtzeit chemische
Reaktionen abbilden oder Einblick in
lebende Zellen mit höchster Auflösung
gewähren. Die Biologen undMediziner
sagen, das 21. Jahrhundert werde das
Jahrhundert der Lebenswissenschaf-
ten. Ichwürde beidenRecht geben und
hinzufügen, dass es auch um die Inte-
gration der Disziplinen geht. Das sieht
man am Beispiel der Mikroskopie sehr
deutlich.
Genauso wichtig und unverzichtbar
sind die Sozial- und Geisteswissen-
schaften, die sichmit gesellschaftlichen
Entwicklungen, Geschichte und Kultur
befassen und diese kritisch begleiten
bzw. analysieren.Wir brauchen sie drin-
gender denn je. Gerade an einer Uni-
versität, die nach
Friedrich Schiller
benannt ist, hat
Liberty – Freiheit –
einen sehr hohen
Stellenwert. Was
nützen mir Licht
und Leben ohne
Freiheit? Es gibt ja
genug drängende
Fragen, zum Bei-
spiel ob und wie
Gesel lschaften
oder Unterneh-
men, die technisch
in der Lage sind,
allesüber uns zuwissen, unsereFreiheit
bedrohen. Und schließlich: Alle Diszipli-
nen brauchen einander und profitieren
voneinander. Ichwerdemich sehr dafür
einsetzen, dassderDialog zwischenden
Disziplinen gestärktwird.
„Eswird einemeiner
wichtigstenAufgaben
sein, mich bei der
Landesregierung
für eine adäquate
Finanzierung der FSU
einzusetzen.“
Prof.Dr.Walter
Rosenthal(Jg.1954)
wirdimHerbstdie
LeitungderFried-
rich-Schiller-Univer-
sitätübernehmen(s.
S.4).Derzukünftige
PräsidentderJenaer
UniversitätistPro-
fessorfürMolekulare
Pharmakologieam
InstitutfürPharma-
kologiederCharité
undderzeitnoch
wissenschaftlicher
DirektorundVorsit-
zenderdesStiftungs-
vorstandesdesMax-
Delbrück-Centrums
fürMolekulare
Medizin(MDC)in
Berlin-Buch.
Foto:Kasper
[alsoavailablein
English:www.uni-
jena.de/en/uni_
journal_7_2014.html]
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