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          Uni-JournalJena07/14
        
        
          
            Porträt
          
        
        
          „Ich verliere nicht gern“
        
        
          
            Karsten Horn ist alsVorsitzender des Personalrates wiedergewählt
          
        
        
          Der Raum scheint ein bisschen kleiner
        
        
          zu werden, als der stattliche Mann ihn
        
        
          betritt. Falls diese körperliche Präsenz
        
        
          auf den einen oder anderen einschüch-
        
        
          ternd wirken sollte, lässt Karsten Horn
        
        
          durch seine freundliche und offene Art
        
        
          dennoch keine Distanz aufkommen.
        
        
          Dass wir uns an einem seiner weni-
        
        
          gen freienTage zum Gespräch treffen,
        
        
          sieht er locker: An Arbeit mangelt es
        
        
          ihm nämlich nie. Gerade wurde der
        
        
          51-Jährigeerneut zumVorsitzendendes
        
        
          Personalrates der Friedrich-Schiller-Uni-
        
        
          versität (FSU) gewählt – diesesMal für
        
        
          vier Jahre, nachdem er bereits 2012 die
        
        
          Amtsgeschäfte von seinem Vorgänger
        
        
          übernommen hatte.
        
        
          Wenn es darum geht, die Interessen
        
        
          der über 3000 Mitarbeiter der FSU zu
        
        
          vertreten, ist Karsten Horn das, was
        
        
          man einen alten Hasen nennt. Immer-
        
        
          hinarbeitet er inzwischenseit 14Jahren
        
        
          aktiv indiesemGremiummit. Zuvorwar
        
        
          er bereits fast zwölf Jahre langMitglied
        
        
          in dem beim ThüringerWissenschafts-
        
        
          ministerium angesiedelten Hauptperso-
        
        
          nalrat. Besonders stolz ist der gebürtige
        
        
          Jenenser darauf, dass ihm seine Mit-
        
        
          streiter schon bei der erstenWahl zu
        
        
          dieser Interessenvertretung nach der
        
        
          Wende das Vertrauen als 1. Stellvertre-
        
        
          ter aussprachen.
        
        
          Damalswar er Ende Zwanzig und die
        
        
          Entwicklung, dieer nehmensollte, kaum
        
        
          vorprogrammiert. Denn dem aus einem
        
        
          intellektuellen Elternhaus stammenden
        
        
          Jugendlichen wurde in der DDR trotz
        
        
          Notendurchschnitt „2“ das Abitur ver-
        
        
          wehrt. Also lernte er Elektromonteur
        
        
          und wurde Freileitungsmonteur. „Das
        
        
          hat richtig Spaß gemacht, hatte etwas
        
        
          von Abenteuer, brachte Selbstbestä-
        
        
          tigung und war zudem noch super be-
        
        
          zahlt“, schwärmt Karsten Horn noch
        
        
          heute. Dann trat seine Frau in sein Le-
        
        
          ben, bald kündigte sich Nachwuchs an.
        
        
          Grundgenug für ihn, seinen vielfachmit
        
        
          Montage verbundenen Zwölf-Stunden-
        
        
          Job der Familie zuliebe an denNagel zu
        
        
          hängen. Daswar 1988.
        
        
          Die wissenschaftlichen Werkstätten
        
        
          der Physikalisch-Astronomischen Fakul-
        
        
          tät der FSUwurden sein neues berufli-
        
        
          chesZuhause.„Der Startwar nicht ganz
        
        
          einfach, schließlich kam ich sozusagen
        
        
          aus der Baubude in wissenschaftliche
        
        
          Gefilde,wasnatürlichentsprechendebe-
        
        
          rufliche Defizite mit sich brachte“, blickt
        
        
          der Mannmit dem rappelkurzen, dunk-
        
        
          len Haar und dem gepflegten Schnur-
        
        
          bart zurück. „Ich bin offen und ehrlich
        
        
          damit umgegangen und man wusste,
        
        
          wer der Horn ist
        
        
          und woran man
        
        
          mit ihm ist – und
        
        
          das gilt bis heute.“
        
        
          Für ihn selbst wie
        
        
          für die Kollegen
        
        
          sei es interessant
        
        
          gewesen, dass so
        
        
          manche Erfahrung
        
        
          vom Bau auch in
        
        
          seinem neuen
        
        
          Wi rkungskreis
        
        
          funktionierte.
        
        
          Den Schritt an
        
        
          dieUni habeer bis
        
        
          heute keinen Tag
        
        
          bereut.„Damit hat
        
        
          mein lebenslanger
        
        
          Lernprozess erst
        
        
          richtig begonnen“,
        
        
          sinniert er.„Ichbin
        
        
          einguterAutodidakt undhabemir vieles
        
        
          selbst beigebracht, eigentlich alles, was
        
        
          ich fürmichalswichtigerachte.“Dasgilt
        
        
          fürs Berufliche ebenso wie für die an-
        
        
          fangs ehrenamtliche Arbeit. Immerhin
        
        
          war er verschiedenenPersonalräten der
        
        
          Universität seit derWende verbunden.
        
        
          Seine Kollegen schickten den „Jung
        
        
          spund“damalssogar gleich indieEvalu-
        
        
          ierungskommissionder Fakultät, diesich
        
        
          unter anderemmit Stasi-Verstrickungen
        
        
          vonMitarbeitern der Hochschule ausei-
        
        
          nandersetzte. „So einen Vertrauensvor-
        
        
          schuss hatte ich nicht erwartet.“
        
        
          
            Weggehenwar keineOption
          
        
        
          KarstenHorn ist ein großer Italienfan.
        
        
          Fast jedesJahr zieht esdieFamilie indie
        
        
          Toskana. „Der Lebensstil dort ist so an-
        
        
          steckend, dasgenießenwir.“Unterwegs
        
        
          istman dannmit einemwirklich schnel-
        
        
          len Auto, denn die sind Horns große
        
        
          Leidenschaft, „auch wenn das nicht
        
        
          zeitgemäß ist“, bekennt er.Undnatürlich
        
        
          hält sich der auch kulturell interessierte
        
        
          Mann an dieVerkehrsregeln, für ihn sei
        
        
          es einfachwichtig zuwissen, dassman
        
        
          schnell fahren kann...
        
        
          KarstenHornsberuflicheNeuorientie-
        
        
          rung fiel in die auch in Jena sehr unru-
        
        
          higeVor-Wende-Zeit.DocheineAusreise
        
        
          in denWesten, in der viele andere ihre
        
        
          Zukunft suchten, kam für ihn nicht in
        
        
          Frage. „Weggehen wäre eine Kapitu-
        
        
          lation gewesen, und ich verliere nicht
        
        
          gern, nicht einmal beimMensch-ärgere-
        
        
          dich-nicht. Entweder ich gewinne oder
        
        
          ich versuche, die Sache diplomatisch
        
        
          anzugehen, um eine Lösung zu finden“,
        
        
          macht er deutlich.
        
        
          Die Maxime vom Nicht-gerne-ver-
        
        
          lieren gilt vor allem in seinem Job als
        
        
          Vorsitzender des Personalrates, dem 15
        
        
          Mitarbeiter angehören. Sie engagieren
        
        
          sich wie er selbst größtenteils auch in
        
        
          der Gewerkschaft. Karsten Horn ist zu-
        
        
          demMitglied der Bundestarifkommis-
        
        
          sion von ver.di, wurde erneut in den
        
        
          Hauptpersonalrat gewählt und arbeitet
        
        
          imWiderspruchsausschuss der Renten-
        
        
          versicherung. Das alles erweitere den
        
        
          Horizont, weil man damit im Interesse
        
        
          der Mitarbeiter reagieren könne, meint
        
        
          der „Informations-Junkie“, der sich voll
        
        
          mit seinenAufgaben identifizieren kann
        
        
          und das als einenSchatz annimmt.
        
        
          Seine Arbeit als Personalrat sieht er
        
        
          als Ko-Management, auchwenn immer
        
        
          wieder mal kritische Stimmen meinen,
        
        
          „wir gehen die Dinge zu moderat an,
        
        
          müssten bissiger sein“. Das auch ange-
        
        
          sichts der schärfer werdenden Diskus-
        
        
          sion um den Haushalt der Universität.
        
        
          Immerhin müssen – geht es nach den
        
        
          Plänen des Landes Thüringen – in den
        
        
          nächsten Jahren 125Vollzeitstellen ein-
        
        
          gespartwerden.
        
        
          „Gefährlicher als dieser Abbau wäre
        
        
          es, wennwir unsereUniversität kaputt-
        
        
          reden.“Der daraus resultierende Image-
        
        
          Schaden wäre Horns Meinung um ein
        
        
          Vielfachesgrößer.„Eskommt darauf an,
        
        
          unsere Universität als den attraktivsten
        
        
          StudienstandortThüringens zu erhalten,
        
        
          weil nämlich sonst die Zahl der Studen-
        
        
          ten zurückgehen wird.“ Deshalb sei es
        
        
          wichtig, nicht nur auf Konfrontation zu
        
        
          gehen, sondernPartner derUniversitäts-
        
        
          leitung im Interesse der Beschäftigten
        
        
          zu sein.
        
        
          Uschi Lenk
        
        
          
            Immereinoffenes
          
        
        
          
            OhrfürdieBeschäf-
          
        
        
          
            tigten:Personalrats-
          
        
        
          
            vorsitzenderKarsten
          
        
        
          
            Hornistfür die
          
        
        
          
            kommendenvier
          
        
        
          
            JahreimAmtbe-
          
        
        
          
            stätigt.
          
        
        
          Foto:J.Scheere